HOTEL DER ERINNERUNG

Neugestaltung der Gedenkstätte Gestapolager Neue Bremm, Saarbrücken

Das Gelände des Gestapolagers Neue Bremm in Saarbrücken wurde in den vergangenen Jahrzehnten von allen Seiten durch Straßenplanungen beschnitten oder mit Gewerbeeinheiten überbaut. Seine einstigen Ausmaße sind heute nur schwer nachzuvollziehen.

Die Neugestaltung der Gedenkstätte beschränkt sich nicht nur auf den heute erhaltenen rudimentären Rest des Männerlagergeländes. Integriert wird auch das 1947 errichtete erste Mahnmal, ein Beton-Bajonett, dessen Bezug zur Gedenkstätte durch die veränderte Führung der Metzer Straße und die Autobahnauffahrt verloren gegangen ist, sowie der 1975 mit einem aus Betonfertigteilen errichteten Hotel überbaute Bereich des ehemaligen Frauenlagers. Eine vom Hotel als Sichtschutz gesetzte dichte Fichtenreihe entlang des Alstinger Weges, der bereits in der Lagerzeit Männer- und Frauenlager – öffentlich begangen – trennte, wird gerodet.

Gäste verbreiten Geschichte: Eine Treppenanlage aus Betonstufen verbindet das Hotel mit einem „Dokumentationsraum“ auf dem höhergelegen Männerlagergelände. Treppe und Sitzstufen beziehen sich auf eins der medaillonartigen Hotelfassadenelemente, das mit einem großformatigen Portrait der 1944 internierten Yvonne Bermann belegt ist. Zu der im Vectogramm-Verfahren gefrästen Acrylglasplatte findet sich auf der Mauer zur Metzer Straße ein Pendant als Betonabguss einer gefrästen Schaltafel (die Übertragung erfolgte mittels einer Reckli-Strukturmatrize): Ein der Mauer aufgesatteltes Billboard zeigt den Ausschnitt eines an fast gleicher Stelle aufgenommenen historischen Fotos, eine sommerliche Szenerie – im Hintergrund sieht man die Baracken des Lagers. Durch das spezielle Fräsverfahren unterscheidet sich die Bildtafel von beliebigen Werbeelementen und ist bei unterschiedlicher Lichteinwirkung in variierender Intensität wahrzunehmen. Die Bildwirkung beruht allein auf dem Zusammenspiel von Betonrelief und Licht – ohne jeglichen Farbauftrag.

Die 75 Meter lange Mauer entlang der stark frequentierten Metzer Straße ist unter Bezugnahme auf das Hotel ebenfalls aus Betonfertigteilen ungefähr des gleichen Achsmaßes (ca. 7,50m) errichtet – die baulichen Elemente des ehemaligen Männerlagers und Frauenlager sowie das erste Mahnmal in Form des Bajonetts bilden auf diese Weise ein Ensemble gleicher Materialität.

Die Mauer ist zum Lagergelände hin Träger eines im Untereloxaldruckverfahren hergestellten Dokumentationsbandes aus Aluminiumtafeln, sie schafft zugleich einen Ort der Ruhe und Kontemplation. Eine leichte Absenkung der begehbaren Fläche zum übrigen Niveau mittels einer Sitzstufe verstärkt den Eindruck eines eigenen Raumes, mit dem Dach der vorhandenen Eichen.

Zur Straße hin ist das Dokumentations- ein Leuchtschriftband, das durch den Wechsel der Worte gleichen Stamms (indoeuropäisch: ghosti) Gastfreundschaft und Feindschaft an diesem Ort assoziativ in Beziehung setzt und ein Signal zur Peripherie ist. Bei Dunkelheit geht das Band eine Verbindung mit dem Schriftzug auf dem Hoteldach ein. Der historische Zusammenhang der beiden Lagerhälften wird so auch von der Schnellstraße wieder erfahrbar.

Standort
Metzer Straße / Alstinger Weg, Saarbrücken

Bauherr
Saarländische Gesellschaft für Kulturpolitik e.V.
vertreten durch Dr. Kurt Bohr

Entwurfsverfasser/Architekt
Poppensieker & Schulze Icking Gesellschaft von Architekten mbH

Ideenwettbewerb
Roland Poppensieker und Nils Ballhausen

Ausschreibung und Bauleitung
Oliver Brünjes, Saarbrücken

Tragwerksplanung
Schweitzer Ingenieure, Saarbrücken

Beton- und Erdarbeiten
Peter Gross GmbH & Co KG, St. Ingbert

Leuchtbuchstaben
Saarlicht GmbH, Saarbrücken

Offener Ideenwettbewerb

2. PREISGRUPPE, nach Überarbeitung 1. RANG

ARCHITEKTURPREIS DES BDA SAARLAND 2004