Freiheit- und Einheitsdenkmal

Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. auf der Schlossfreiheit

Den Sockel weiterbauen

Ein begehbares Postament für Freiheit und Einheit besetzt die zentrale Position des ehemaligen Nationaldenkmals, mit neuem Inhalt und neuer Funktion, – nicht mit dem Ziel, erneut Personen auf einen Sockel zu stellen, sondern ihn dem Volk zur Verfügung zu stellen, von ihm gewissermaßen durchdringen zu lassen. Das Volk ist Basis und Fundament für Freiheit und Einheit, die 1989 durch die friedliche Revolution errungen wurden. Ihr Erhalt ist ein steter Prozess.

Freiheit und Einheit haben Gewicht

Ein schwerer Körper ruht am Ufer des Spreegrabens. Durch seine Herauslösung aus der orthogonal-axialen Ausrichtung zum Schloss bewahrt er Autonomie, seine tangentiale Bezugnahme auf den Bogenverlauf der Uferkante verankert ihn selbst im “topographischen Grund.”

Kontinuität

Eine dem Portal des zukünftigen Humboldt-Forums gegenübergelegene und um das Postament gelegte Rampe (Sandstein) erschließt den vorhandenen Sockel. Noch vorhandene Platten- und Mosaikbeläge sowie die Sockeloberfläche im halbkreisförmigen Anschlussbereich zum Postament werden behutsam ergänzt bzw. geschlossen. Der nur auf den ersten Blick monolithisch wirkende Körper aus Sichtbeton nimmt Charakteristika des bereits vorhandenen Denkmalssockels auf, sowohl die Perforation eines massiven, steinernen Körpers (Gewölbe und Einfahrt zum Mühlgraben) als auch dessen Belegung mit Bildmotiven, wie die Personifikation der Spree als Schlussstein über der Mühlgrabeneinfahrt. Vier Seiten und vier Hauptebenen des Körpers definieren insgesamt sechzehn (gleich der Zahl der Bundesländer) Felder, von denen acht durch die alternierende Stapelung von röhrenartigen Hallen potentiell geöffnet werden und das Postament als ein aus vier F zusammengesetzten Körper, jeweils gedreht und gewendet, erscheinen lassen.

Einblicke

Vier der acht Öffnungen sind mit leicht aus der Oberfläche gekippten Betontafeln besetzt. Wie in einem Postkartenständer zeigen sie nach außen großformatige Bildmotive (6,75m x 4,50m), vermitteln Erinnerungen und emotionale (Sehnsuchts-)Momente aus den Tagen des Mauerfalls, wie auch davor. Unterschwellig werden, nicht nur durch den Ansichtskartenständer, nochmals fehlende Reisefreiheit und Flucht(-gedanken) thematisiert. Ein typisches Postkartenmotiv wie das Brandenburger Tor erscheint in einem räumlich wie zeitlich überraschenden Kontext.

Portal

Diesen möglichen Einsichten können sich verschiedene Aussichten zur Seite stellen, wenn man das turmartige knapp zwanzig Meter hohe Postament von 11,30m im Quadrat über seine innerhalb eines über neun Meter hohen Raumes gelegene und von zwei Seiten belichtete Freitreppe betritt. Gerichtete Ausblicke, von einer Galerie zunächst auf die Bauakademie, begleiten den Weg durchs Postament.

Ausblicke

Aus der darüber gelegenen zweiseitig nach Südosten und Nordwesten orientierten Halle fällt der Blick zunächst auf das ehemalige Portal IV des Berliner Stadtschlosses, von dessen Balkon aus Karl Liebknecht am 9. November 1918 die „sozialistische Republik“ ausgerufen hatte, sowie das ehemaliges Staatsratsgebäude, wo sowohl die Staatsratsvorsitzenden der DDR ihren Dienstsitz hatten, als im wiedervereinigten Deutschland vorübergehend auch der Bundeskanzler. Zur anderen Seite fällt der Blick einerseits auf das Deutsche Historische Museum, das vertiefende Informationen zur Thematik von Freiheit und Einheit in Deutschland bereithält, andererseits bietet sich eine grandiose Aussicht auf die Museumsinsel entlang des Spreekanals.

Kerzen als Symbol der friedlichen Revolution

Transparente Glasröhren teils unterschiedlicher Höhe begrenzen in diesem Geschoss als Brüstungselemente die Ebene. Bei Dämmerung wird ihr Erscheinungsbild opak, als weiße Leuchtröhren erinnern sie dann an die zahlreichen Kerzen der friedlichen Demonstrationen im Jahr 1989.

Mauerfall und Freiheit

Darüber ein beidseitig mit geneigten Betontafeln begrenzter Raum, dessen mit Streiflicht akzentuierte Mauern gerade zu fallen scheinen. Über eine spiralförmig gewundene Rampe erreicht der Besucher im Anschluss eine unter die Postamentoberkante abgesenkte Aussichtsfläche, – der Besucher wird nicht auf den Sockel gehoben, sondern bleibt Teil des Postamentkörpers, mit freiem Blick in alle Himmelsrichtungen.

Standort
Schlossfreiheit, Berlin

Entwurfsverfasser/Architekt
Roland Poppensieker Architekt BDA

Entwurfsverfasser/Künstler
Harald Hauswald, Ute Mahler und Werner Mahler
OSTKREUZ Agentur der Fotografen

Nichtoffener Wettbewerb mit vorgeschaltetem offenen Bewerberverfahren